…oh, ich habe gerade mal nachgeschaut, und die haben seit den achtziger Jahren ihr Logo nicht mehr wesentich verändert.
https://gagada.wordpress.com/2024/08/21/damals-ging-das-hamburger-menue-noch-als-e-durch/
Die meisten Frauen aus der Zielgruppe wollten freilich nicht so bleiben, wie sie waren, sondern so werden, wie es das Ideal aus Presse, Glotze, Film und Frauenzeitschrift vorsah: Schlank bis an den Rand der manifesten Unterernährung, damit sie auf dem Geschlechtsmarkt eine bessere Kreditkarte zum Kinderunterschieben, An-sich-Binden und Heiraten abstauben können. Nachdem den Menschen etwas länger als ein Jahrzehnt lang allmedial erzählt wurde, dass sie nicht mehr essen, sondern sich ernähren sollen, wurde in den Achtziger Jahren die Bulimie eine regelrechte Volkskrankheit, und die Todesfälle meist junger Frauen und Mädchen durch Anorexia nervosa nahmen so sehr zu, dass das Wissen um diese vormals seltene Krankheit Allgemeinbildung wurde, die man sogar noch der minderwertigsten Presse entnehmen konnte. In teilweise herzzerreißenden Artikeln, die oft direkt neben der Reklame mit unterernährten weiblichen Fotomodellen platziert waren, und manchmal sogar neben der ganzseitigen Reklame für „Du darfst“, damit auch jeder wache Mensch bemerken konnte, dass die contentindustriellen Journalisten nicht erst seit einem Vierteljahrhundert Schlechttuer, Feinde und Arschlöcher sind, die (vielleicht mit Ausnahme der Mutter) niemand und keinefruhn vermissen würde, wenn sie als Fehlgeburt im Krematorium gelandet wären. Diese Nahrungsmittel für die Zielgruppe Frauen mit gestörtem Selbstbild und psychischem Zustand am Rande eines neurotischen Wahns waren schon eine teuflisch gute Geschäftsidee: Lasst uns weniger Nährstoff für weniger Sättigung reinpacken, aber dafür den Preis erhöhen! Jetzt brauchen wir noch eine gute Marke… oh, „Du darfst“ sagt genau das Richtige für die dummen Konsumentinnenmelkkühe, die sich jeden Appetit unterdrücken und von zunehmenden Selbsthass zerfressen sind. So eine psychische Großmacke mag vielleicht Leiden und Elend auslösen, aber das ist doch ein viel besseres Geschäft als Glück und Zufriedenheit. Elend kauft, wenn es kann, aber Glück hat an sich selbst genug und ist kapitalistisch unverwendbar. Es lebe die post buying frustration! Oh, einen tollen claim brauchen wir noch für unsere Reklame? Der hier ist gut: „Ich will so bleiben, wie ich bin“. Da verkünden wir denen, die sich jeden Tag achtzigmal mit den Monstern der Hochglanz- und Reklamefotografie vergleichen, doch einfach, dass sie schon längst in ihrem Kopfkinomärchenland aus der Psychohölle angekommen sind. Von den biblischen Evangelien lernen heißt siegen lernen. Und dass diese „Erlösung“ nicht sofort im Leben fühlbar wird, sondern niemals kommt, ist umso besser für die Kundinnenbindung. Wir müssen nur aufpassen, dass sie sich nicht umbringen, bevor wir den letzten Groschen aus ihnen rausgeleiert haben.
Die Achtziger Jahre waren nur in einem Punkt besser als die Siebziger Jahre: Sie waren in der Alltagskultur nicht ganz so geschmacklos. Die Hirnlosigkeit war die gleiche wie zuvor, desgleichen die fürchterliche emotionale Grobheit, Verantwortungslosigkeit und Kälte, die jedes Mensch nur als „Verbraucher“ betrachtet. Ein Wort, das bis heute vom politisch-journalistischen Komplex verwendet wird und das viele Menschen zur Selbstbezeichnung benutzen. Denn der Selbsthass ist längst normal geworden.
Wenn der Rab den Werber frisst
Ist der Typ so unvermisst.
Ist ein Journalist dabei
Gibts statt einer Freude zwei.
https://gagada.wordpress.com/2024/06/21/du-darbst/
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